In der zweiten Jahreshälfte 2009 könnte sich die Wirtschaftslage sowohl in Italien wie weltweit ein wenig entspannen. Diese Ansicht vertritt der Dachverband der Industrie Confindustria in seiner jüngsten Konjunkturprognose. Nicht alle Konjunkturtrends zeigten nach unten. Laut Confindustria werde die Wirtschaft von den zeitlich verzögerten Folgen der Geldausweitung und der staatlichen Neuverschuldung profitieren und sich deshalb beleben.

Christof Oberrauch, Präsident des Unternehmerverbandes Südtirol, erklärt, man solle in diesen Krisenzeiten nicht allein die Hiobsbotschaften aus der Finanz- und Wirtschaftswelt zur Kenntnis nehmen, sondern auch die beruhigenden Anzeichen aus der Südtiroler Wirtschaft sowie die zaghaften Impulse der Konjunkturbelebung auf staatlicher, europäischer und globaler Ebene. Bei all den Krisenzeichen dürfe auch in Südtirol nicht übersehen werden, dass sehr viel Bewegung am Arbeitsmarkt herrscht, dass sehr viele Betriebe weiterhin investieren und dass - mit Ausnahme vorerst weniger Branchen - die Wirtschaft allgemein noch verhältnismäßig gut dasteht. Darüber hinaus lassen die getätigten und die geplanten Entscheidungen der Landesregierung zur Krisenbewältigung kurz- und mittelfristig  positive Effekte erwarten, betont Oberrauch.

Italiens Wirtschaft wird laut Confindustria auf der geldwirtschaftlichen Seite von den historisch einzigartig niedrigen Zinsen und von der Liquiditätszufuhr profitieren, ebenso von der Neuverschuldung des Staates, die auch in anderen EU-Ländern zur Konjunkturankurbelung vorgenommen wurde. Konjunkturbelebend werden sich weiters auswirken:

·    die ausgewählten Anreize zu Gunsten des Massenkonsums (darunter die Verschrottungsprämie im Automobilsektor)

·    die Einsparungen der Familien und Betriebe dank sinkender Strom- und Gaspreise

·    die auffallend hohe Nachfrage nach Lebensmitteln aller Art

·    die starke Verminderung der Inflation sowie

·    die währungstechnische Schwächung des Euro (was die Exporte in den Dollar-Raum begünstigt).

Die Konjunktur werde laut Confindustria in absehbarer Zeit auch noch durch drei weitere Effekte anspringen:

o   Viele güterproduzierende Sektoren in Italien und anderswo haben ihre Lagervorräte aufgebracht und müssen ihre Lager und Vertriebskanäle durch neue Produktion auffüllen.

o   In etlichen Branchen sind die Investitionspläne zwar zurückgefahren und zurückgestellt worden, das schafft aber Spielraum für das Hochfahren der Produktion.

o   Die abrupten Einbrüche des Welthandels in den letzten Monaten könnten regional schon bald durch Nachfrageschübe abgemildert werden.

Confindustria lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass der zaghafte Aufschwung nur dann zum Tragen kommt, wenn drei  Rahmenbedingungen sich verbessern, nämlich  weltweit die Finanz- und Kreditmärkte sich beruhigen, wenn wieder Vertrauen um sich greift und wenn für Arbeitnehmer und Familien die sozialen Stoßdämpfer ihre Wirkung zeigen. Confindustria erwartet sich in Italien davon eine Aufrechterhaltung der Massenkaufkraft, trotz steigender Arbeitslosigkeit. Letzte Voraussetzung: Die Börsen müssten sich weltweit beruhigen, wenn – ausgehend von den USA – die großen und hochverschuldeten Banken ihre faulen Kredite und giftigen Wertpapiere aussortieren könnten.

All dies täuscht freilich nicht über die generelle Talfahrt hinweg, räumt Confindustria ein. 2009 wird die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung Italiens um 3,5 Prozent schrumpfen  und erst 2010 um 0,8 Prozent wachsen. Der Export wird ebenfalls frühestens 2010 ansteigen, und zwar um 2,8 Prozent. Die Industrieproduktion wird vorerst weiter fallen, solange die staatlichen Anreize und der Lageraufbau nicht einsetzen. Am Arbeitsmarkt muss Italien 2010 mit neun Prozent Arbeitslosen rechnen, gleich viel wie es 2001 waren, gegenüber 6,1 Prozent 2007.

Der Fehlbetrag im staatlichen Haushalt wird explosionsartig zunehmen, von 2,7 Prozent im Jahr 2008 auf 4,6 Prozent heuer; 2010 wird mit 4,3 Prozent gerechnet. Die Steuerannahmen werden schon heuer stark sinken. Das werde sich auffallend stark  auf den Südtiroler Landeshaushalt auswirken, sagt Verbandsdirektor Udo Perkmann, weshalb Sparen angesagt sei. Die Gesamtverschuldung Italiens steigt ebenso unaufhörlich von 105,8 Prozent 2008 auf 112,5 Prozent heuer und auf 114,7 Prozent 2010, schätzt Confindustria. Von außerhalb Italiens wirken sich auf die Konjunkturerholung vier Entwicklungen positiv aus: die stabilen oder fallenden Preise für Rohstoffe und Energieträger, die niedrigen Zinsen, der stabile Euro sowie die absehbare Erholung des Welthandels.